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Der
„König mystischen Wissens" Fudomyoo und seine Geschichte
Fudo
( skrt. Acala ), „der Unbewegliche“ oder „Unerschütterliche“,
hat eine lange Vorgeschichte, doch ist seine Entwicklung in Indien noch
nicht klar belegbar. Er scheint sich jedenfalls aus dem indischen Gott
Shiva entwickelt zu haben, an den noch die Haartracht sowie der Name selbst
erinnert. Im Pantheon des späteren indischen Buddhismus fungiert
er als untergeordneter Schutzgott, meistens als Mitglied einer Gruppe,
so z.B. als Wächter der nördlichen Himmelsrichtung oder als
Beschützer eines Mandala-Tores. Der Herr seiner „Familie“
von Gottheiten ist entweder Aksobhya oder Vairocana ( jap. Dainichi Nyorai
). In Tibet erscheint er als grimmiger Beschützer der Lehre oder
als persönlicher Schutzgott. Schon dort hatte er einige charakteristische
ikonographische Züge, die er auf seiner Wanderung bis Japan beibehalten
sollte. Er schielt, bleckt die Fangzähne, beißt sich damit
in die Unterlippe und hat als wichtigste Embleme Schwert und Lasso. Sein
zweiter Sanskrit-Name ist Candarosana, „der wilde Zornige“,
der sich in seinem Aussehen wiederspiegelt. In Ostasien hat Acala Karriere
gemacht. Schon in den frühen esoterischen Schulen Chinas ist er die
Zentralfigur der „Gruppe der fünf Wissenskönige“
und zu einer zentralen Gestalt aufgestiegen.
Im Esoterischen Buddhismus Japans ( jap. Mikkyo ), wohin er schon früh
im 9. Jahrhundert gelangte, symbolisiert Fudo, in Auslegung seines Namens,
den festen und unerschütterlichen Geist der Erleuchtung. Er beseitigt
mit Mut und großer Kraft alle Hemmnisse der geistigen Trübungen
auf dem Weg zur Erlösung und schützt die buddhistische Lehre.
Seine ikonographischen Merkmale im japanischen Mikkyo sind klar umrissen:
Er hat die Gestalt eines Jünglings mit etwas fülligem Körper,
was auf seine ehemalige Funktion als Diener oder Gesandter zurückgeht.
Oft wird er noch Fudo-shisha, „Diener Fudo“, genannt. Er dient
ja auch dem Ritus ausübenden Priester und lebt, nach einer Textstelle,
„von dessen Essensresten“. Wie ein meditierender Yogi sitzt
er im vollen Lotossitz oder steht aufrecht. Sein Haupthaar ist in lange
Strähnen gelegt, in die man das Herabfließen seines Mitleids
in die Welt hineingedeutet hat. Auf dem Scheitel sieht man häufig
eine achtblättrige Lotosblüte, als Zeichen seiner Erleuchtung.
Farblich ist er oftmals in einem dreckfarbenen Braun dargestellt, um sein
Wirken in der Welt der karmischen Bindungen zu versinnbildlichen. Wie
eine Lotospflanze nur in einem schlammigen trüben Wasser wächst
und seine Blütenpracht nach mühsamem Weg durch den Schlamm an
der lichten Oberfläche zeigt, so wird hier ikonographisch der Weg
eines jeden Erleuchtungssuchenden symbolisch abgebildet. Von der linken
Schulter verläuft ein Schal schräg über die Brust. Den
Oberarm zieren reiche Schmuckbänder, und auch um die Handgelenke
legen sich Reifen. In der Rechten hält er ein Schwert, als Symbol
des Wissens, das alle Trübungen und Unwissenheit abschneidet, und
in der Linken liegt die Fangschnur zur Fesselung aller bösen Einflüsse,
mit der er auch die ihn anrufenden Wesen bei ihrer Wiedergeburt in eine
höhere Wiedergeburtsebene zu ziehen vermag. Ein Heiligenschein aus
züngelnden Flammen umlodert die grimmige Gestalt, Symbol für
die „aus Feuer geborene Meditation“, in die er sich versenkt
hat. Durch sein grimmiges Aussehen soll alles Schlechte im Betrachter
fliehen, so dass er sich rein dem Erlösungsweg zuwenden kann.
Während der Heian-Zeit ( 794 – 1185 ) hat sich Fudo in Japan
von einem persönlichen Schutzgott in einen geradezu amtlichen Behüter
des Staates verwandelt. Der ihm dargebrachte Ritus stoppt Regen- und Dürreperioden,
hilft bei allen Kalamitäten, auch im Krieg und gegen Feinde, gewährt
aber auch Besitz und Reichtum.
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